United Internet und die Angst

Das eine Firma wie United Internet ein Interesse daran hat das die vielen, vielen Besucher ihrer diversen Websites die geschaltete Werbung auch zu Gesicht bekommen, ist nachvollziehbar. Immerhin reden wir hier von GMX, Web.de und 1&1 [Alexa Ranking hinter den Links]. Alles sehr reichweitenstarke Websites deren Werbeeinnahmen gerade bei den ersten beiden vermutlich erheblich sein dürften.
Jetzt gibt es unter User ja die Unart, Adblocker einzusetzen um eben jene gewinnträchtige Werbung auszublenden. Ich kann das Interesse daran verstehen! Manch eine Website ist vor lauter Werbung nicht mehr zu bedienen. Andererseits verstehe ich den Wunsch von United Internet, eben diese Werbung an den User zu bringen. Was da aber im Moment versucht wird, ist schon eine ziemliche Nummer – selbst für eine Firma die selten mit besonders offenen und transparenten Geschäftspraktiken auffällt.

Aber worum gehts? Adblocker sind Addons für Browser die, basierend auf einer Datenbank, Werbeeinblendungen auf Websites gezielt blockieren. Vorteil für den Nutzer – er kriegt den Mist nicht zu sehen. Außerdem wird die Werbung meist gar nicht erst geladen was wiederum dazu führen kann das sich das surfen allgemein etwas flotter anfühlt. Außerdem kann so ein Adblocker sogar ein Sicherheitsgewinn sein. Die meisten großen Drive-by-Infektionen der letzten Monate fanden über Werbeeinblendungen statt. Viele positive Aspekte könnte man meinen. Ist aber nicht so. Die Entwicklung solcher Addons ist ein Geschäft. Denn hat ein Addon erst einmal eine gewisse Verbreitung gefunden, können die Macher zu den Werbenetzwerken gehen und Geld für einen Eintrag auf einer Default-Whitelist fordern. Und ja, die Addons „manipulieren“ im weitesten Sinn die Websites und wären nach einer Programmanpassung wohl auch in der Lage, Passwörter und ähnliches mitzulesen. Die Browser-Hersteller sind bemüht darum, solche Risiken klein zu halten. Eine absolute Sicherheit gibt es hingegen nicht.

Und jetzt wird man also auf den Websites von GMX und Web.de genau vor diesen Gefahren gewarnt. Auf der Webiste http://www.browsersicherheit.info/ kriegt man nähere Infos dazu wie man die Addons wieder los wird. Außerdem wird die Computerbild mit irgendeinem Selbstexperiment zitiert. Witziger Weise hat mein Virenscanner eine Phishingwarung bei Aufruf der Site ausgegeben. Tja, so kann es kommen…
Wenn wir diesen witzigen Umstand einfach mal ignorieren, kriegen wir also viele wirre Warnungen und Statements zu sehen. Wer sich ein bisschen einliest dem fällt schnell auf, das der Begriff „Adblocker“ nirgendwo fällt. Auch ist „Adblock Plus“ mittlerweile von der Liste der „bekannten Add-ons“ verschwunden. Seitens United Internet scheint man die öffentliche Wirkung also ein bisschen unterschätzt zu haben. An der grundsätzlichen Unverschämtheit dieser Kampagne ändert das jedoch wenig! Denn letztlich vertreibt man selbst fleißig eben jene Addons vor denen man hier so energisch warnt. Die Toolsbars der beiden Websites dürfte wohl ohne Frage in die gleiche Kategorie gehören. Und wenn ich mich alles täuscht, vertreibt man auf beiden Portalen auch noch eine speziell angepasste Firefox Version. Gerade hier würden mitunter keine Sicherheitsmechanismen von Mozilla mehr greifen! Da erscheint die Warnung vor anderen Addons doch irgendwie scheinheilig.

Letztlich ging es aber nie darum die User zu warnen. Es geht darum, das lästige Problem der Adblocker möglichst großflächig zu lösen. United Internet ist selbst am Werbegeschäft beteiligt. Allein dieser Umstand würde mich daran zweifeln lassen, das hier aus reiner Sorge um die User gehandelt wurde! Ganz verurteilen kann ich die Aktion dennoch nicht. Ich glaube, man gibt bei der Benutzung von Adblockern mehr als man bekommt. Diese Addons sind ein kommerzielles Produkt für das man bezahlt. Und man liefert sich den Geschäftspraktiken dahinter aus, die wenigstens in der Vergangenheit fragwürdig waren. Ich selbst nutze keinen. Ich habe Flashblock installiert. Außerdem – als zweite Stufe der Sicherheit – in Firefox die Aktivierung von Flash nur auf Nachfrage aktiviert. Darüber hinaus habe ich mir die Mühe gemacht, die Möglichkeiten von Lightbeam auszunutzen. Wer hier ein bisschen Arbeit investiert und die Blacklist richtig pflegt, bekommt auch kaum noch Werbung zu sehen. Meiner Meinung nach sehr viel weitreichender als das bei den üblichen Adblockern der Fall ist. Und es drohen wohl keine Überraschungen aufgrund irgendwelcher geglückten Deals zwischen Werbeindustrie und Hersteller des Addon.

In diesem Fall kann ich also sagen, das beide Seiten mit ihrem individuellem Vorgehen alles andere als transparent handeln. Aufgrund der Reichweite der Websites ist es aber grenzwertig wenn eine Firma wie United Internet ohne klar erkennbaren Hintergrund eine solche Aktion startet. Sich darauf zu berufen das die Addons vielleicht mal irgendwas böses tun könnten, reicht nicht aus um großflächige Warnungen heraus zu geben und damit die User zu verunsichern. Ich schätze mal, das 90 % der Leute die einen Adblocker einsetzen, sich der Hintergründe nicht bewusst sind. Diese beträchtliche Zahl an Usern zu verunsichern ist nicht gerechtfertigt! Nicht solange es keinen guten Grund dafür gibt! Die sinkenden Umsatzzahlen aus Werbung auf den betreffenden Portalen sind definitiv kein guter Grund!
Andererseits müssten die Hersteller der Addons endlich mal transparenter werden. Es muss dem Benutzer klar sein, warum das eine Netzwerk geblockt wird, das andere hingegen nicht. Außerdem muss völlig klar sein wer wann und warum die Einträge der Blacklists bearbeitet. Ist diese Transparenz nicht gegeben – und im Moment sieht es danach aus – ist von der Benutzung solcher Tools tatsächlich abzuraten.

Schauen wir mal, wie es in der Sache weiter geht. Ich bin gespannt wie lange United Internet die Aktion noch laufen lässt. Gerade im Moment scheint man einen inkonsistenten Zustand erreicht zu haben. Einerseits belästigt man Leute mit Adblocker, andererseits kann man ihnen nicht mehr erklären warum eigentlich weil man sich scheut, den Namen der Anwendung zu erwähnen. Interessant. Das man mittlerweile mit den beteiligten Websites auf Blacklists der Virenscanner gelandet ist, unterschreicht die zweifelhafte Natur der Sache.

Benny


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