Deutsche Medien in 2016 – WTF

Es ist wichtig, diesen Post mit einem Zitat von Albert Einstein zu beginnen. Dieses Zitat spricht für sich selbst und beschreibt den Inhalt des Beitrags vollkommen:

„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher“

Albert Einstein

Warum ist dieses Zitat der richtige Einstieg in das was ich mit diesem Beitrag ausdrücken will? Eigentlich ganz einfach – es entspricht heute mehr denn je den Tatsachen. Die Dummheit der deutschen Allgemeinheit springt einem aktuell geradezu ins Gesicht. Starke These, ich weiß. Aber ich will das auch gerne noch ein bisschen ausführen.
Im Jahr 2016 – so jung es auch derzeit noch ist – vergeht kein Tag an dem man nicht liest, dass sich Falschmeldungen oder irgendwelche wilden Theorien über die allgegenwärtigen sozialen Netzwerke verbreiten. Andererseits wird in der gleichen Deutlichkeit ständig und anhaltend auf die Bedeutung eben jener Netzwerke als Spiegel der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung hingewiesen. Keine Sendung mehr, in der nicht mindestens einmal „Zitate“ aus Facebook oder Twitter eingeblendet werden um klar zu machen, dass der durchschnittliche Bürger auch irgendwie eine Meinung dazu hat. Und da muss ich doch das erste mal Fragen: Liebe klassische Medien – habt ihr sie noch alle auf dem Zaun? Gerade ihr solltet euch doch bewusst sein, das Facebook und Co alles mögliche widerspiegeln, nur eben nicht die Meinung des Durchschnitts! Aber anstatt immer und immer wieder auf diese Tatsache hinzuweisen, propagiert ihr diese Netzwerke als Quelle allen Wissens.
Wie kann man sich selbst denn so das Wasser abgraben? Wie kann man sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst so die Daseinsberechtigung absprechen? Ich verstehe es nicht! Ich verstehe es wirklich nicht. In Zeiten in denen eine statistisch relevante Gruppe alles glaubt was irgendwelche Vollpfosten irgendwo posten. In Zeiten wie diesen ist eine Medienlandschaft, die auf gut und unabhängig recherchierten Daten basiert, absolut notwendig. Die Wirklichkeit zeigt aber, das nur noch wenige Spartensender sich darauf konzentrieren. Die Massenmedien vergessen ihren Auftrag augenscheinlich komplett und tun das, wo von sie wohl meinen das die „Menschen“ damit am besten umgehen können. Themen aufgreifen, die möglichst massenwirksam sind und in der denkbar einfachsten Art aufbereiten. Und damit bloß kein Zweifel an der gesellschaftlichen Relevanz aufkommt, wird das ganze noch mit Zitaten aus irgendwelchen sozialen Netzwerken unterstrichen. Bei diesem Vorgehen ignorieren die Verantwortlichen aber doch etwas ganz Entscheidendes:
Es gibt so was wie einen Bildungsauftrag. Wenigstens für die Medien die sich fürstlich aus den Rundfunkgebühren finanzieren. Aber auch für die Privaten sollte klar sein, dass eine unabhängige und qualitativ hochwertige Arbeit die beste Basis ist. Aber nein… Selbst die öffentlich-rechtlichen machen „Nachrichten“ wie es gerade am bestens ins Konzept passt. Hauptsache die breite Masse hat einen möglichst einfachen Zugang dazu. Und Hauptsache man tritt damit den „Verantwortlichen“ nicht auf die Füße. Ich muss mich doch fragen, warum es zum Beispiel ARD und ZDF so schwer fällt, über Straftaten mit Beteiligung von Asylsuchenden in der gebotenen Offenheit zu berichten. Klar, weil irgendwer davor gewarnt hat das diese Offenheit, die schon ziemlich erhitzten Gemüter nur noch weiter anstacheln würde. Aber darf das einen Rolle spielen? Wie will ich mich denn als ernsthafte und zuverlässige Quelle von Informationen präsentieren, wenn ich meine Nachrichten nach Herkunftsland der möglichen Täter selektiere? Wenn ich Informationen verschweige, die für die öffentliche Meinungsbildung relevant sind, darf ich mich nicht wundern wenn eben die Menschen „Lügenpresse“ rufen, die ich eigentlich erreichen will.

Jetzt aber genug der Vorwürfe. Bei dem von mir gewählten Beispiel ist die Gefahr eh groß das sich ein Teil der Leserschaft bereits abgewendet hat – gemäß dem Motto: PEGIDA Philosophie lesen wir nicht. Ich muss mich also daran machen, das zu relativieren. Was ich hier versuche anzuprangern ist nicht das Verheimlichen von Nationalitäten im allgemeinen. Die Polizei verhält sich generell sehr zurückhaltend mit solchen Informationen, wenn eben diese Nationalität nichts mit dem Verbrechen zu tun hat. Und das ist auch gut und richtig so! Menschen sind Menschen! Egal aus welchem Land sie kommen. Egal welcher politischen Einstellung sie nachhängen. Egal welcher Religion. Begeht jemand eine Straftat, so gehört er bestraft. Und bei dieser Bestrafung darf eine Gruppenzugehörigkeit keine Rolle spielen, außer sie hat einen kausalen Bezug zur Straftat! Jemand der eine Handgranate auf ein Flüchtlingsheim wirft und einer rechtsradikalen Gruppe angehört, muss unter Berücksichtigung dieser Gruppenzugehörigkeit bestraft werden. Ein Moslem, der einen Christen erschlägt weil Letzterer ihm oder seiner Familie mit dem Tod gedroht hat, darf nicht unter Berücksichtigung der Religion bestraft werden. Sie hat einfach nichts damit zu tun! Und ja, die Medien müssen solche Dinge bei ihrer Berichterstattung berücksichtigen. Das kann nicht immer funktionieren… Fehler sind dabei unvermeidbar. Aber man muss es wenigstens versuchen! Wenn in Zeiten der modernen Völkerwanderung vielleicht hunderte Straftaten von Flüchtlingen verübt werden, haben die Menschen ein Recht darauf genau das zu erfahren! Aber wenn „Parteien“ und / oder deren Vorsitzende offen zum „Schutz“ unserer Grenzen notfalls auch mit Waffeneinsatz aufrufen, dann müssen die Menschen auch das erfahren! Auch dann haben die Medien den Auftrag, darüber in jedem Detail zu berichten. Sie haben die Aufgabe, zu recherchieren und die Ergebnisse ihrer Recherche möglichst wertfrei einer möglichst großen Menge an Menschen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört auch, entsprechende Sendungen nicht in die Nachtstunden zu verlegen, weil der Tatort oder das Traumschiff einfach besser für die Quoten sind.
Ich glaube es ist keine Übertreibung wenn ich sage, dass den alteingesessenen Medien in diesem Land das Geld zu den Ohren rauskommt. Man sollte annehmen das genug Ressourcen bereit stehen, um investigativen Journalismus ohne Weiteres leisten zu können. Aber wenn ich durch die Sender klicke (ja, ich brauche meistens die Maus dafür) dann habe ich eher den Eindruck das sich die Themen ausschließlich an marktwirtschaftlichen Überlegungen orientiert. Und wenn AFD und Konsorten bei der nächsten Wahl tatsächlich 9 oder 10 Prozent erreichen, wird man wohl auch flexibler mit eindeutig verfassungsfeindlichen Statements der Führungsriege umgehen. Ist dann ja eine Gruppe, die immerhin von neun oder zehn Prozent der Wähler in Deutschland getragen wird…

Was ich selbst aber bei dem letzten Satz habe unter den Tisch fallen lassen, ist die Tatsache, dass eine laute Minderheit immer noch nicht die Mehrheit bildet. Zehn Prozent bei einer Bundestagswahl entspricht nicht automatisch zehn Prozent der Bevölkerung. Und zwei Dutzend gut organisierte Personen können im Internet ohne Weiteres wie einige hundert erscheinen. Selbst radikale Mittelalterfans wie der „Islamische Staat“ schaffen das ohne Weiteres. Ihre gut funktionierende Propaganda beweist das täglich. Rechte, linke, religiöse oder sonst wie verblendete Idioten haben sich das ebenfalls in den ach so wichtigen sozialen Netzwerken zu eigen gemacht. Es muss doch etwas dran sein wenn „Nachrichten“ immer und immer wieder von Freunden und Bekannten geteilt werden… Tja… ich kann den Gedankengang nachvollziehen. Wir vertrauen unseren „Freunden“. Aber noch viel mehr sind wir faul. Viele News heute berühren uns… aber sie sind es irgendwie auch nicht wert sich mal fünf Minuten intensiv damit zu beschäftigen. Und ja, für die meisten Lügen braucht man nicht mehr als fünf Minuten um sie unter der Verwendung von Google als solche zu entlarven. Allein die Google-Bildersuche wirkt schon manchmal Wunder. Dafür lohnt es sich sogar, Google Chrome zu installieren. Aber nein, solche Funktionen kennt man ja nicht… und in der Regel ist es ja auch viel zu kompliziert. Stattdessen verlässt man sich blind darauf, dass die anderen, die das teilen, schon irgendwie geprüft haben was sie da teilen. Wenn das aber jeder denkt, bleibt am Ende der Kette nur einer übrig – derjenige der die Lüge positioniert hat und sich über die Reichweite freut. Und jeder der im Internet eine Information ohne Überprüfung der Quellen ernst nimmt oder teilt, der macht sich zum Spielball einiger weniger die damit ein mehr oder weniger realistisches Ziel verfolgen. Es spricht auch nichts dagegen, die altehrwürdigen Medien kritisch zu betrachten. Im Gegenteil! Bei der schon angedeuteten wirtschaftlichen Ausrichtung eben jener Medien ist eine Überprüfung der dortigen Informationen unbedingt notwendig. Aber es bedeutet nicht, das wir differenzieren müssen zwischen guten und schlechten Medien. Auch kleine Portale können wichtige Infos verbreiten. Und selbst bei Facebook und Co können wichtige Details die Runde machen, die die Mainstreammedien noch gar nicht auf dem Schirm haben. Aber wir müssen das was wir lesen, sehen und hören, unbedingt prüfen bevor wir es blind weiter verbreiten! Natürlich ist das nicht immer möglich. Aber in den wenigen Fällen in denen eine Recherche schwierig oder gar unmöglich ist, sollten wir den gesunden Menschenverstand einschalten. Nachdenken hilft eigentlich immer.

Aber kann man mit einfachem Nachdenken wirklich verhindern das absurde Lügen und Gerüchte die Runde machen? Die Antwort ist leicht: Nein, kann man nicht. Wie wir den ganzen Verschwörungstheorien entnehmen können, sind manche Dinge nicht tot zu kriegen. Aber sie können zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden. Denn erst muss sich eine kritische Masse für so was interessieren bevor es in den täglichen Informationsstrom der Allgemeinheit einsickert. Wird diese Masse nicht erreicht, so bleiben diese Thesen Randerscheinungen nach denen man gezielt suchen muss. Und ja, ich vertrete die Meinung das die Medien gerade in Deutschland die Aufgabe haben, solche Thesen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu widerlegen. Damit meine ich nicht nur die armen Irren die Chemtrails oder die flache Erde als einzig wahres Erklärungsmodell für ihr persönliches Versagen favorisieren… Ich meine in Hinsicht auf die heutige politische Lage, gerade die, die die Leichtgläubigkeit der Masse nutzen um an Macht und Einfluss zu gewinnen. Diese Menschen müssen über ihre Lügen stolpern – egal ob sie dem politischen Establishment angehören oder sich gerne zu diesem zählen möchten. Wer wissentlich Lügen verbreitet mit dem Ziel, andere gegen eine Minderheit aufzuhetzen oder seine eigene Position zu stärken, muss bestraft werden. Wer die Wahrheit verbreitet, egal wie unbequem diese sein mag, dem muss Respekt gezollt werden. Solche Seiten, Sender oder Personen, müssen gefördert und geschützt werden. Dieses Land darf nie wieder den Lügen einiger weniger verfallen! Wir sind nun mal das Paradebeispiel für die grenzenlose Dummheit wenn es darum geht, der Ideologie einiger weniger blind zu folgen. Wir haben schon einmal deutlich gezeigt wie leicht es ist, ein ganzes Volk mit einigen gut gemachten Lügen zu einem Haufen Lemminge zu machen, die voller Motivation über die politische und ethische Klippe springen.
Die Bevölkerung eines Landes darf sich gerne auch für rechts oder links gelegene politische Positionen entscheiden. Aber nur aufgrund einer offenen Informationslage. Und wenn es zu kompliziert ist die große Mehrheit mit dieser Informationslage zu konfrontieren, dann muss ich Angebote schaffen um auch den einfach strukturierten Personen Zugang zu diesen Informationen zu verschaffen.

Medienkompetenz ist das Zauberwort. Die Menschen sind überfordert mit all den Informationen die täglich auf sie einprasseln. Und deswegen ist es mir auch so einen langen Eintrag wert. Ich selbst lebe in einem äußerst liberalen Umfeld. Meist gebildet, beruflich und sozial gefestigt. Aber selbst in diesem Umfeld erlebe ich einen zunehmenden blinden Glauben an das was an ungeprüften Informationen täglich so rein kommt. Die Wahrscheinlichkeit das sich aus dieser Schicht jemand radikalisiert ist nicht sehr groß. Aber die fehlenden Differenzierung bei aktuellen Themen ist ein Gradmesser für andere Schichten der Bevölkerung. Menschen denen das Leben nichts zu bieten hat, Menschen die in ihren Augen nichts zu verlieren haben, sind wahrscheinlich sehr viel empfänglicher für extremistische Perspektiven. Auch hier ist der „Islamische Staat“ ein gutes Beispiel. Ist die Propaganda nur halbwegs gut gemacht, rennen einem die Verzweifelten und Orientierungslosen die Bude ein. Ich sehe keinen Grund, warum das bei den Rechten zum Beispiel, nicht auch der Fall sein sollte. Wenn ich mir anhöre wie ernsthaft sich Leute aus der gehobenen Mittelschicht darüber ausheulen das die Flüchtlinge Deutschland (und damit auch sie) in den Ruin treiben, könnte ich kotzen. Derlei „Thesen“ auch nur eine Sekunde ernst zu nehmen beweist, das da jemand aber auch nicht den Hauch einer Ahnung von Volkswirtschaft hat. Okay… so was kann man ebenfalls in wenigen Minuten vom Tisch wischen. Und in dieser Bevölkerungsschicht hat man meist noch die Möglichkeit mit guten, belegbaren Argumenten weiter zu kommen. Aber was ist mit den „bildungsfernen“ Schichten? Selbst wenn die Menschen offen wären für gute Argumentation – es ist doch schlicht niemand da der sie ihnen vorträgt. Die Menschen sind alleine. Sie treiben sich den ganzen Tag in sozialen Netzwerken herum und sind ein großer Kelch für all den Bullshit der dort so verbreitet wird. Und sie sehnen sich nach der Zugehörigkeit zu einer bedeutenden Bevölkerungsgruppe… selbst wenn diese sich durch menschenverachtende und verfassungsfeindliche Positionen auszeichnet. Und wir, die bedeutend größere Masse an Menschen, überlassen diese Personen den wenigen machtgeilen Extremisten die die Leichtgläubigkeit konsequent zu ihren Gunsten ausnutzen. Und es sind diese einfachen Menschen, die sich leicht radikalisieren lassen. Diese Leute sind es, die Handgranaten auf Flüchtlingsheime werfen. Die fremd aussehende Menschen jagen und bisweilen auch zu Tode prügeln. Und es sind auch diese Menschen, die sich leicht dazu bringen lassen bei der nächsten Wahl ihr Kreuz bei AFD oder sonstigen Parteien zu machen. Und spätestens an dieser Stelle wird es zu einer akuten Bedrohung der Demokratie.
Aber bereits viel früher haben wir etwas Wesentliches verloren. Noch bevor sich die Extremisten in unserem demokratischen System festgesetzt haben, haben wir die Fähigkeit verloren zu erkennen was im täglichen Informationsstrom wirklich relevant ist. Wir haben dem Schwachsinn und den Lügen einen Platz geschaffen, der eindeutig nicht gerechtfertigt ist. Einfach weil wir all zu oft zu faul sind, das was uns präsentiert wird auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. Und wir haben ohne Grund Plattformen eine Relevanz eingeräumt, die sie nicht verdient haben. Und in dem wir das tun, vermitteln wir den Menschen das Gefühl, das die Inhalte die über diese Plattformen laufen, wirklich wichtig für ihr tägliches Leben wären. Das sind sie aber nicht! Und je politischer und extremistischer sie werden, desto weniger ist davon auszugehen, dass es irgendeine Relevanz gibt. Wir müssen uns wieder vergegenwärtigen, wie leicht die Algorithmen der sozialen Netze zu beeinflussen sind.

Ich möchte an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden! Jeder hat das Recht jede denkbare Position für sich einzunehmen. Wenn jemand den Zuzug von Ausländern scheiße findet, soll er dazu stehen. Aber dann erwarte ich auch, das er es gut begründen kann. Und das er sich trotz seiner Position an demokratischen Grundwerten orientiert. Und vor allem, das er akzeptiert das andere Menschen andere Ansichten haben! „Ausländer“ ist hier durch jede andere beliebige Gruppe ersetzbar. Rechte, Politiker, Schwule, Kinder, Hundebesitzer, Menschen die glauben die Erde wäre eine Kugel… Man kann gegen alles etwas haben. Und das ist auch gut so! Aber es muss eine gute Basis haben. Fremdinduzierte Ängste reichen da ganz bestimmt nicht aus!

Und auch wenn ich mich wiederhole – die Medien haben die Aufgabe diesen Ängsten entgegen zu treten. Mit gutem, fundiertem Journalismus. Mit der Leidenschaft zu kontroversen Diskussionen und Recherchen, die eben auf mehr als Twitter und Facebook basieren.


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